280. Die sieben eingemauerten Bauern zu Turow.
In dem Kreise Grimmen liegt ein großes adliges Schloß, Turow
geheißen; rund um dasselbe läuft ein tiefer und breiter Graben,
der erst vor ungefähr zweihundert Jahren entstanden ist. Zu der damaligen
Zeit lebte nämlich auf dem Schlosse ein Edelmann, Namens Bono; der
ließ durch seine sieben Bauern, die zu dem Schlosse gehörten,
den Graben machen. Er hatte ihnen ein gutes Tagelohn versprochen, und
die sieben Bauern arbeiteten drei volle Jahre daran, alle Tage und mit
ihren Weibern und Kindern, damit sie desto eher zu ihrem Lohne kommen
möchten. Der Schloßherr rechnete auch alsbald mit ihnen ab,
als sie fertig waren. Allein er machte ihnen so viele Gegenrechnungen,
für Essen und Trinken, so er ihnen gegeben, für Schippen und
Spaten, so sie ihm verdorben, und für andere Sachen, daß die
Bauern nicht mehr als sieben Schillinge, also der Mann einen Schilling
für alle drei Jahre, heraus haben sollten. Damit wollten die Bauern
nicht zufrieden seyn, und sie beschwerten sich bitter bei dem Herrn. Anfangs
drohete er ihnen; auf einmal aber gab er ihnen gute Worte, und versprach
ihnen ihren vollen Lohn, sie sollten nur mit ihm kommen in eine Stube,
die hinten im Schlosse lag, da wolle er ihnen Alles auszahlen. Also lockte
er sie in die entlegene Stube, und wie er sie alle sieben darin hatte,
ließ er sie lebendig darin einmauern, daß sie eines jämmerlichen
Todes sterben mußten.
Als nun aber das Winseln des Letzten nicht mehr gehört wurde, da
fuhr auf einmal der Teufel in den Schloßherrn, und ließ ihm
keine Ruhe mehr, bis er oben in seine Stube ging, und sein Gewehr von
der Wand nahm, und sich damit eine Kugel durch den Kopf schoß, daß
das Blut bis oben an die Decke spritzte.
Diese Blutflecke sieht man noch jetzt dort; man hat sie mit keiner Kunst
vertilgen können, und wenn die Stellen auch zwanzigmal hinter einander
überweißt werden, so kommen sie doch jedesmal gleich wieder
zum Vorschein. Auch die Knochen der sieben eingemauerten Bauern liegen
noch unten in der Stube; es darf kein Mensch sie von da fortnehmen. Den
Schloßherrn und die Bauern sieht man jede Nacht herumspuken.
Mündlich.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 280