2. Unterjochung der Wenden durch die Dänen.
Hernach war einstmals König bei den Dänen Frotho, und bei den
Pommern und Wenden war König Strumik. Nachdem nun die alten Verträge
des Friedens fast in Vergessenheit gekommen, und beide Völker danach
standen, daß Eins das Andere unter sich brächte, thaten sie
beiderseits einander vielen Einfall und Schaden. Doch waren die Wenden
den Dänen auf dem Wasser zu behende. Das verdroß in die Länge
den König Frotho, und er schickte gegen sie seinen Hauptmann Erich
mit acht Jachten, während er sich selbst auch rüstete. Als Erich
nun in die See kam, erfuhr er, daß die Wenden nicht fern wären,
und nur sieben Schiffe hätten. Er ließ darauf sieben von seinen
Jachten mit grünem Busch und Laub um und um bestecken, und legte
sie in einer Wieke in einen Hinterhalt, mit dem Gebote, sie sollten da
stille liegen, und wo sie auch sähen, daß die Feinde ihm nacheileten,
sollten sie sich nicht daran kehren, bis daß sie ganz an sie heran
kämen, dann sollten sie getrost angreifen. Er selber zog mit der
achten Jacht aufs Meer, und zeigte sich den Wenden. Als diese seiner inne
wurden, und sahen, daß er nur Ein Schiff hatte, setzten sie ihm
fröhlich nach. Da floh Erich zurück, und die Wenden jagten flugs
hinter ihm her, und kannten die sieben Jachten nicht, die da im Hinterhalte
standen. Denn weil sie mit grünem Busch besteckt waren, meinten sie
es wären Bäume, die an den Dünen und am Strande ständen,
und liefen also mitten in die Wiek. Darauf wendete sich Erich, und die
sieben Jachten erhoben sich auch, und umringten die Wenden, daß
sie nicht zurück konnten, und fingen sie und führten sie mit
den Schiffen weg.
Dieses Unglück verursachte viel Niederlage und Schrecken in dem Lande
der Wenden. Das benutzte der König Frotho; er hatte eine große
Kriegsflotte und viel Volks versammelt, mit demselben zog er nun fort,
um die Wenden auch daheim zu besuchen. Der Wenden König Strumik beschickte
ihn zwar, und ließ ihn um Anstand bitten. Den hat ihm aber Frotho
nicht bewilligen wollen, und ist fortgezogen, und hat den König Strumik
mit allem seinem Kriegsvolk erschlagen und die Pommern und Wenden unter
sich gebracht.
Th. Kantzow Pomerania, I. S. 13. 14.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 2