228. Die Bergschlange im Bauerberge bei Wolgast.
Zwischen den Städten Wolgast und Lassahn, bei dem Dorfe Bauer, befindet
sich eine Anhöhe, welche der Bauerberg heißt. In diesem Berge
hält sich seit ewigen Zeiten eine ungeheuer große Schlange
auf, die von den Leuten in der Gegend die alte große Bergschlange
genannt wird. Die ist ein großer Schrecken für die ganze Gegend;
denn wenn sie sich sehen läßt, so entsteht ganz sicher irgend
ein Unglück in der Nähe; entweder ein unvermutheter Todesfall,
oder eine Feuersbrunst, oder eine große Dürre, daß keine
Saat und keine Frucht gedeihet. Und wer sie sieht, den trifft es selbst
am meisten. Zuletzt hat sie eine Bauerfrau gesehen. Das war noch vor wenigen
Jahren, nämlich im Jahre 1817. Am Tage darauf, das war der vierzehnte
Junius des genannten Jahres an einem Sonnabend, entstand auf einmal des
Nachmittags eine erschreckliche Feuersbrunst im Dorfe Bauer, welche in
wenigen Augenblicken zwei und dreißig Wohnhäuser in Asche legte.
Das Wunderbarste und Schrecklichste dabei war, daß die Frau, welche
die alte große Bergschlange gesehen hatte, auf eine gräßliche
Weise in dem Feuer verbrannte.
Greifswalder wöchentlicher Anzeiger für
1818, Nro. 32.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen,
J. D. H. Temme, Berlin 1840, Nr. 228