140. Das zehntfreie Dorf.
Nachdem die Insel Rügen von den Dänen erobert und zum Christenthume neu bekehrt war, wurde sie von dem Könige Waldemar von Dänemark dem Bischofe von Roeskild untergeben. Dieser wußte sich bald durch die ganze Insel einen Roggenzehnten zu verschaffen. Von dem wurde aber ein einziges kleines Dörfchen befreiet, Namens Brehe, welches jetzt nicht mehr besteht, vormals aber in der Gegend von Gingst gelegen hat. Dieses hatte auf folgende Weise seine Befreiung erlangt. Der Bischof hielt sich nämlich zur Einhebung des Roggenzehntens einen eignen Landprobst oder Vicarius, der auf dem Probsteihofe zu Ralswiek seinen Wohnsitz hatte. Der reisete in einem Wagen im Lande herum, und nahm den Zehnten ein. Wie er nun einstmals in das Dorf Brehe gekommen war, zerbrach er dort ein Rad an seinem Wagen, und verlor seine Peitsche. Da traten die Einwohner des Dorfes zusammen und schafften ihm Beides wieder herbei. Zur Dankbarkeit wurden sie von da an von dem Roggenzehnten befreiet; dagegen mußten sie zum Zeichen ihrer bisherigen Verpflichtung nun alljährlich ein Wagenrad und eine Peitsche auf den Probsteihof nach Ralswiek liefern.
Grümbke, Darstellung der Insel Rügen, II.
S. 146.
Die Volkssagen von Pommern und Rügen, J. D. H. Temme, Berlin 1840,
Nr. 140