Die Heinzelmännchen

Es mag noch nicht allzu lange her sein, dass in Köln die sogenannten Heinzelmännchen ihr abenteuerliches Wesen trieben. Kleine nackende Männchen waren es, die allerhand taten, Brot backen, waschen und dergleichen Hausarbeiten mehr, so wurde erzählt, doch hatte sie niemand gesehen.

Zu der Zeit nun, als die Heinzelmännchen noch da waren, gab es in Köln manchen Bäcker, der keine Gesellen hielt, denn die Kleinen machten über Nacht immer so viel Schwarz- und Weißbrot, wie der Bäcker in seinem Laden brauchte. In manchen Häusern wuschen sie und nahmen den Mägden alle ihre Arbeiten ab.

So war auch eben um diese Zeit ein erfahrener Schneider in Köln, dem sie gar gewogen schienen, denn als er heiratete, fand er am Hochzeitstag die herrlichsten Speisen und das schönste Gerät in seiner Wohnung, welches die Kleinen anderwärts gestohlen und ihrem Liebling gebracht hatten. Als seine Familie sich nun mit der Zeit vermehrte, taten die Kleinen der Frau des Schneiders merklichen Vorschub in ihren häuslichen Geschäften, wuschen für sie und scheuerten ihr bei festlichen Gelegenheiten ihr Kupfer und Zinn und das Haus vom Söller bis zum Keller. Hatte der Schneider zuweilen gar dringende Arbeit, so fand er sie morgens ganz und gar von den Heinzelmännchen fertiggestellt.

Nun plagte aber die Schneidersfrau der Vorwitz, und sie wollte die Heinzelmännchen gern einmal sehen. Wie sie sich aber anstellte, es wollte ihr doch nie gelingen. Sic streute daher einmal die Treppe voller Erbsen, auf dass die Heinzelmännchen fallen mögen, Schaden litten und sie diese am andern Morgen sehen könnte. Dieser Anschlag schlug aber fehl, und seit dieser Zeit verloren sich die Heinzelmännchen ganz; wie überhaupt überall der Vorwitz der Leute schon so manches Schöne in der Welt zerstört hat.

Die Heinzelmännchen zogen darauf alle unter klingendem Spiel aus der Stadt; man hörte aber nur das Spiel, denn niemand konnte die Männlein sehen, die sich darauf in ein Schiff setzten und wegfuhren. Wohin weiß niemand. Doch sollen mit den Heinzelmännchen auch die guten Zeiten Kölns verschwunden sein.


Quelle: Ernst Weyden, Cölns Vorzeit. Geschichten, Legenden und Sagen Kölns, nebst einer Auswahl cölnischer Volkslieder. Köln 1826, zitiert in: Christa Hinze, Das alte Köln in Sagen und Bräuchen, Köln 1986, S. 138.