Das erschröckliche Gesicht
Als man zellt nach der Geburt Jesu Christi, unsers Erlösers unnd Scligmachers, Anno 1571. Jar. Sähe man zu Cölen offenbar Vormittag von acht Uhr bis auff zwölff Uhr drey Sonnen unnd drey Regenbogen zwischen Auffgang und Nidergang, zum Mittag umb zwölff Uhr die drey Sonnen in Blut verwandelt, bey einer halben Stund also gestanden unnd darnach ein End namen. Dises Gesicht ist warhafftig von yeder menigklich zu Cölen gesehen worden. Auf welchem erschröckenlich und bald kommend Jüngste Tag, dieweyl alle Zeychen, so Christus selbs und alle Propheten gemelt haben, genugsam erschinen und erlauffen seind, nemlich allerley Wunder Gesicht, an Sonn und Mohn, Cometen, auch mancherley seltzame Stellationes, Wunder Geburten unnd andern unerhörten Dingen, so sich nun in wenig Jaren her genügsam mit Schröcken erzeygt haben und gleych wol vor unser Zeyt auch bey unserm Gedencken in allerley Landen und Orten, die man doch hin und her auff weltliche Sachen und Regenten bedeut und außgelegt hat.
Yedoch aber insonderheit lassend uns solche Gesicht und Erscheinung sampt andern vilfeltigen Zeychen, so nun geschehen und gesehen worden seind, zu Hertzen führen und als ein Warnung auff- und annemen unnd uns von allen unrechtem Leben abwenden, unser sündlichs Leben, darinn wir lange Zeyt gewandlct, hassen und hinlegen und ein newes christenlichs Leben, das Gott gefellig sey, anfallen, damit sein gerechter Zorn unnd wol verdiente Straff nit über uns einbreche. Dann eben so wol als die Zeychen denen zu Jerusalem ein Warnung vor ihrem Verderben gewesen seind, eben als wol mögen alle die yetz her verkniffenen Zeychen als warnung weiß von Gott bey uns auffgenommen werden. Derhalben lassend uns unsre Hertzen mit reiner Büß und Gebett wie die Ninivitter erheben unnd nach dem götlichen Willen wandlen und leben und Gott bitten, das er sein Straff, die wir wol verdient haben, von uns wende, so wird uns Gott, der allzeyt gnedig und barmhertzig ist gewesen, noch vätterlich als seinen Kindern beystehn und erhalten. Amen.
Zu Augspurg bey Hans Moser, Brieffmaler.
Quelle: Wahrhafftige, doch erschröckliche Gesicht, so gesehen ist worden an dem Himmel zu Cöln am Rhein, den 26. Januarii des 1571 Jars.