49. Rübezahl bettelt.
Noch dieser Bote verständigte mir, daß vor eilf Jahren ein Freiherr über das Gebürge [Gebirge] gereiset wäre; da es sich denn unterwegens begeben hätte, daß ein lumpichter Bettler an dieses Herrens Wagen gelaufen und umb einen geringen Zehrpfennig angehalten hätte. Es soll aber zu diesem der Herr gesaget haben: Packe dich! Bistu doch stark genug; gehe und tue guts und arbeite den Leuten umbs Lohn! Da hat der Rübezahl angehoben: Begehre ich es doch nicht umsonst, lieber Herr, daß er mir armen Kerl was mitteilet. Allhier habe ich bei mir einen Sack voll schönes weißes Streusandes, so ich irgendswo geholet habe: nehmet solchen von meiner Hand an und gebet mir doch nur so viel, als Ihr selber freiwillig wollet. Durch dieses Präsent soll sich der Freiherr haben bewegen lassen und dem geldsichtigen Kerl einen Reichstaler für den Sandsack darausgeworfen haben. Was geschicht? Wie der Herr nach seiner Heimat kömmt, offeriert er aus Kurzweil seiner Liebsten das überkommene Säckelein, sprechende: Hie bring ich einen Sack voll Dukaten mit. Darüber sie gelachet und den Sack eröffnet hat, auch befunden, daß, wie ihr Herr aus Possen gesaget, lauter Gold drinnen gewesen. Lasset mir das einen Tausch sein, ein tausend Dukaten umb einen Taler zu kaufen!
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 47
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