108. Rübezahl wird ein Gürtler.
Ein Kannegießer schwatzte mir für, daß er einen Schäferknecht gekannt habe, der auf dem Gebürge [Gebirge] einen Gürtel gefunden, welchen er flugs für Freuden über seinen Leib gespannet und damit fürder gestolzieret war. Drüber es sich zugetragen, daß der Gürtel dem Schafmatzen trefflich zu kneipen angefangen, also daß er sich nicht besinnen können, wo es immer herkommen möchte, weil er den Gürtel ziemlich lose umgeleget und ihn endlich noch weiter machet: welches aber dennoch nicht hilfet, sondern den Tölpel viel ärger und schmerzlicher drucket oder klemmet, daß er den Gürtel gar muß vom Leibe nehmen und in der Hand behalten. Wie dieser aber solchen Fund in seiner Faust, wegen vermerklicher Schönheit, mehr und mehr admirieret, da schläget der Gürtel umb sich und zukrabetzschet den Kerl, daß er viel ärger springet als ein Tanzpferd. Drüber er zu laufen beginnet und den Gürtel für allen Kuckuck von sich wirft, welcher aber den Narren nicht verlassen will, sondern wie eine Schlange hinter ihm her springet, bis er ihn abermal bei den Schafpelz erhaschet und Hosen und Wammes in tausend Stücken zerreißet. Doch solches zwar darumb, weil dieser Mausekopf solches Kleid vor etlichen Tagen einem andern listig weggestohlen gehabt.
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 103
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