80. Rübezahl beschenket die H. [Heiligen] drei Könige.
In Böhmen ist vor vielen Jahren der Brauch gewesen, welcher auch noch ist, daß die Böhmen mit dem Sterne, Josepho, Maria und dem Kindlein Jesu über das Gebürge [Gebirge] gegangen. Es sind nicht nur Knaben gewesen, als man hier in Städten im Brauch hat, sondern Männer, welche sich deren Sachen beflissen haben. Einsmals gehen sie auch über das Gebürgt bei rauhem Winter, kommen auch in ein Wirtshaus, bitten den Wirt umb Herberge, weil es später Abend gewesen. Er lässet sie hinein. Die Jungfrau Maria, als ein kleiner Knabe, ist sehr erfroren. Der Wirt machet ihr bald ein warm Bier, daß sie sich erholen kann. Es kommen andere Gäste hinein, zehren umb ihr Geld; sie lassen ihnen Komödien spielen, welches dem Wirte wohl gefiele.
Frühmorgens mußten sie solches dem Wirte allein spielen; der verehret einem jedweden drei Groschen, der Jungfrau Mariae aber sechs Groschen und dem Kindlein einen Reichstaler; lässet sie also fort und lässet ihnen den Weg durchs Gebürgt weisen. Wie sie in die erste Herberge kommen, so erzählen sie es und weisen das Geld, was ein jeder empfangen, sind dessen froh; wie sie es aber anschauen, so sind die Groschen alle Dukaten, und der Reichstaler, welchen er dem Jesu-Kindlein verehret, ist ein Portugaleser gewesen. Einer aber unter ihnen, der auch drei Groschen bekommen, und zu Dukaten worden sind, der saget, das hätte gewiß der Rübezahl getan, und bald Gutes bald Böses von ihme geredet. Als er einen von seinen drei Groschen, welche zu Dukaten geworden, verwechseln wollte, ist er ein Groschen vor und nach geblieben, wie auch die andern zween Dukaten. Die andern haben ihn ausgelachet. Dieses ist seine Strafe gewesen.
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 76f
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