93. Rübezahl kaufet Hopfen.
Es soll vor Jahren ein Hopfenkäufer oder Verkäufer über das Gebürge [Gebirge] mit seinem Karrn gezogen sein, da ihme der Rübezahl begegnet, den Hopfen gefeilschet und den Mann hat mit sich fahren heißen. Indem nun der Handel geschlossen, fällt dem Verkäufer alsobald ein, daß es der Geist und Beherrscher des Gebürges sein würde; darumb stellete er sich desto williger, fuhr gern mit und setzte es gänzlich in des Rübezahls Beliebung, was er ihm für den gelieferten Hopfen geben würde. Wie nun also die Ware abgetragen, da sagte der Rübezahl: Weil du so willig gewesen, so sollst du zur Dankbarkeit diese Belohnung empfangen. Hierauf gab er ihme einen Zaum, daran, wie es damals schiene, ein eisernes Maulgebiß. Solchen nahm der Hopfenmann auf und bedankte sich gar sehr für dasselbige Geschenke, gedenkende: es wird wohl besser werden. Und indeme scheiden sie beide voneinander, und fuhr der Mann seine Wege. Wie er eine Ecke fürüber geraten, da beschauete er seinen Zaum mit Verwunderung und guter Hoffnung, ob er vielleicht möchte zu Golde geworden sein. Aber er war noch wie vor ledern und eisern, welches den geizigen Manne wundernahm, sein Glück bedauerte, seinen Hopfen verlustig schätzte und sich betrogen hielte: da er meinete, es wäre nunmehr Hopfen, Malz und alles verlohren; welches er so ofte gedachte, als er den Zaum aus seinen Schiebesacke mit besserer Hoffnung vergeblich hervorzöge: bis er endlich aus Verdruß bewogen ward und den Zaum für allen Kuckuck über den Wagen warf und also betrübt nach Hause fuhr, ohne Hopfen und ferner Hoffen. Aber siehe, was geschehet? Wie er sein Pferd ausgespannet und den Karrn unter das Dach schieben wollte, da siehet er den vorigen Zaum an das Hintergestelle des Wagens hangen und schauet, daß das vorige Eisen nunmehr lauter Silber gewesen, welches leichte drei-, ja viermal so viel gegolten als sein verlustig geschätzter Hopfen wert gewesen.
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 89
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