88. Rübezahl macht Würste.
Verweilen soll ein Hausmann etliche Schweine haben schlachten lassen und einen Schlächter darzu gedünget haben, Würste daraus zu machen und das übrige auf eine andere Art zu gebrauchen. Hierzu soll sich aber in verborgener Gestalt der Rübezahl gefunden haben, der für alle seine Mühe vom Wirte nichts mehr begehret als nur so viel Würste, so viel er in einer Mahlzeit bezwingen möchte. Der Hausmann lasset ihme die Kurzweile schon gefallen, gedenkende, daß es so eben viel nicht sein könnte, was der Schlächter fressen würde: und übergibet also das Sauwerk dem gedungenen Abenteurer. Dieser machet sich hurtig drüber her, verfertiget seine Arbeit aufs allerbeste, und wie die Würste nunmehr auch alle gekochet gewesen, da spricht er zum Hausherrn, daß er fast hungrig wäre und seine Würste, dem Verlaß nach, gerne jetzund aufschmausen wollte. Wohlan, sagt jener, friß, daß du satt wirst. Und hiemit setzte sich der Rübezahl bei alle vier große Kessel und fraß über die anderthalb hundert Würste ohne einige Abwehrung in seinen unersättlichen Magensabgrund hinein. Drüber der Hausherr teils erstarret, teils auch aus Zorn ergrimmet wird und einen großen böhmischen Ohrlöffel hervorsuchet, den unverschämten Wurstfresser damit abzuschmieren; wie es denn Rübezahl auch geschehen lässet und gleichsam etliche harte Püffe ausstehet, ja sich so zudreschen lässet, daß er für gestellete Herzensangst vier große Scheißhaufen nacheinander im Hause, für die vier ausgefressene Kessel, hinsetzet und davonläufet. Lasset mir das eine Wurstkomödie (a comedendo) sein. Wie denn, Komödie? Lief es doch gar elende ab: es möchte vielmehr eine Tragödie sein. Nein, das Beste steckt noch darhinter! Es ist der Herr noch nicht so sehr beschissen worden, wie du wohl meinest. Denn wie der Knecht den Unflat wegreimen müssen, da hat er unter alle Haufen etliche Dukaten gefunden; und eine Stunde hernach hat er der Herre selber alle seine Würste nach der Reige ringsumher in den Garten an die Wände gar zierlich aufgehängt gefunden, also, daß es zu ein recht Wurstgaudium hinausgelaufen. Und warumb sollte es denn nicht, nach diesem Verlauf, eine Komödie können genennet werden?
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 84
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