34. Rübezahl zaubert etlichen Küh- und Ochsenköpfe an.
Es soll sich auch auf eine Zeit begeben haben, daß Rübezahl sich in eine verlassene Herberge gemachet und sich wie ein stattlicher Wirt erzeiget, indem es sich begeben, daß unterschiedliche vornehme Leute vorbei gereiset und sich über Nacht allda haben gastieren lassen. Zwar anfänglich, wie die Gäste angekommen, ist wenig Köstliches zu sehen gewesen: aber in kurzer Zeit waren die Tische gedecket und lagen auf Bänken herumb etliche leere Fasse und große Klötzer, darinnen staken Hahnen, wie sie sonsten in den Fassen zu sein pflegen. Noch ferner hat der Rübezahl das eine Fenster in den Saal hübsch wie ein Schrank vermacht; den tat er auf und nahm immer eine Schüssel nach der andern von Essen heraus und satzte sie auf den Tisch: ein Teil war kalt, ein Teil noch ein wenig warm. Und als er dies vorgetragen hatte, meineten die Gäste, es wäre nun alles geschehen: da gehet er abermals hin und bringet noch mehr Gerichte. Da fingen sie erst an, sich zu verwundern, wo das herrliche Essen herkommen möchte und wie er so viel drinnen beherbergen könnte. Aber sie schweigen doch stille und hätten gerne getrunken; fragten, ob nicht was zu trinken vorhanden wäre. Der unerkannte Rübezahl nahm einen Stab, schlug an die Wand. Da kam ein schöner Jüngling heraus, ganz wohl wie ein Teutscher gekleidet und gezieret; der hatte zweene güldene Becher in seiner Hand, darauf stunden des türkischen Kaisers Namen und Wappen: ging hin zu dem einen leeren Fasse und zapfte einen guten spanischen Wein heraus, satzte den auf den Tisch und ließ sie den versuchen. Bald schlug Rübezahl auf eine andre Seite der Wand: da kam Herfür eine hübsche Jungfrau, hatte einen ganzen Korb voller schöner kunstreicher, güldener und silberner Trinkgeschirr, darunter vieler Fürsten und Herren Namen und Wappen waren und sonderlich des Königs in Frankreich und Spanien und anderer vornehmen Prälaten, daß sie gnug daran zu sehen hatten. Diese Dame ging hin zu dem dürren Klotz und Stock, zapfte einen guten und köstlichen rheinischen Wein heraus und gab ihn den Gästen. Oben über dem Tische hing ein hölzern Rohr: wenn einer ein wenig Wasser haben wollt, so hielt er sein Geschirr an das Rohr, da lief das Wasser hinein so lange, bis er an das Rohr klopfet; doch wußte niemand, wo das Wasser hinein käme, denn es hing oben an einem Zwirnsfaden. Über das lagen auch noch andere Fasse darbei, aus welchen allen spanische, ungarische und andere Weine gelassen wurden, dergleichen von den Gästen vor diesen niemalen gekostet worden. Nach diesen brachte der Rübezahl noch mehr Speise von seltsamen Vögeln und wunderlichen Fischen, deren in Schlesien nicht gefunden. Und als die Gäste nun frühlich waren, kamen unterschiedliche andere Geister, in Spielleuten Gestalt, mit einer lustigen Zunft; hatten alte Fiedeln und schrapten drauf etliche Graseliedlein. Bald nahmen sie andre Instrumenta und erzeigten sich fröhlich; ja, sie waren so lustig und fröhlich, daß die merklichen und kurzweiligen Stücklein nicht alle können erzählet werden. Wie sie nun das Mal gehalten hatten, da griff Rübezahl wieder in seinen Schrank und brachte herfür allerlei seltsame Früchte, so in Spanien, Frankreich, Niedertand, Arabia, India und Griechenland wachsen, von herrlicher, frischer Würze und andern schönen Gewächsen, so man mit Lust und Lieblichkeit essen und genießen kann: welche zum Teil den Gästen bekannt, zum Teil aber unbekannt gewesen. Auch waren dabei allerlei Blumen und wohlriechende schöne Kräuter, daß sich hoch zu verwundern. Und als sie eine gute Weile fröhlich gewesen waren, sähet einer an unter ihnen und spricht zu Rübezahlen: Herr Wirt! ich bitte freundlich, ihr wollet uns doch auch ein hübsch kurzweilig Bössigen sehen lassen. Der Rübezahl antwortet und saget: es wäre gnug auf diesmal, er (der Gast) hätte neben andern Herrn gnug gesehen; welches sie sämtlich bekannten und sagten, daß der Kurzweil ein großer Überfluß gewesen. Aber er hielt weiter an und wollte nicht nachlassen: bat nur noch umb eins zum Schlaftrunk. Da sprach Rübezahl, es sollte geschehen. Bald hernach in einem Hui bekömmt derselbe einen Ochsenkopf mit großen Hörnern, recht wie ein solch Tier. Die andern Herren fangen an, seiner zu lachen und zu spotten. Dies verdreußt ihn und will sich verantworten mit Schelten: sähet also greulich an zu brüllen und zu brummen wie ein rechter natürlicher Ochse. Bald wollte er einen Becher ins Maul nehmen und trinken, da kunnte er sich auch nicht darzu schicken: die Lappen am Maule waren ihm zu groß; da brachte Rübezahls sein Knecht Wein in einem Fasse, da tät er einen guten Suff. Also hatten die Herren ihre Phantasei mit dem Ochsen und günneten ihme diesen Schalkspossen gar wohl. Unterdessen kömmt das Geschrei an dieses Gastes Ehefrau, indem sie auch nebenst andern Gefährten bei Rübezahl einkehrte und ihrem Manne nachreisete: die erfähret, daß ihr Ehemann einen Ochsenkopf habe. Sie gehet geschwinde hinein und findet es also. Da machte sie sich mit losen Worten an den Rübezahl, fluchte ihm sehr: warumb er ihren Mann also verschimpfet hätte? Rübezahl gab der Frauen gute Worte, hieß sie stille schweigen; also täten auch die andern, aber es war umbsonst. Da zauberte der Rübezahl der Frauen einen Kühekopf auf mit feinen Hörnern. Da ward das Gelächter noch größer, und wollte die Frau viel Windes machen, Hub an zu plärren, desgleichen auch der Ochse: da hätte man lustige Gebärden gesehen, wie sie sich stelleten und wie ihnen die Kappen so lustig anstunden. Über solches Wesen schliefen endlich die Gäste miteinander ein und schnarchten die ganze Nacht durch. Wie sie aber endlich frühe gegen den andern Tag erwachten, siehe, da lagen sie in einer Wüsteneien; und nahmen die Begebnüsse des vorigen Tages nicht anders auf als einen Traum. Doch besonnen sich etliche, daß dieser Posse vielleicht ihnen vom Rübezahl widerfährt.
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 33ff
© digitale Version: www.SAGEN.at