124. Rübezahl zeichnet einen Pamphilum.

Ein Feuermäurkehrer [Kaminkehrer/Schornsteinfeger], wie er vergangen meinen Ruß ausfegete, kunnte mir erzählen, daß er in seiner Wanderschaft in Schlesien erfahren hätte, wie einsmals ein Jungferfischer und wankelmütiger Löffelknecht sich zwar mit vielen redlichen Mägden hin und wieder verlobet, geschleppet und in der Leute Mäuler habe bringen lassen, aber sie alle und jede nur geäffet, bei der Nase herumbgeführet, auch wohl gar zu Falle gebracht und darnach habe sitzen lassen. Dieser betrüglicher Galan wäre einsmals über das Riesengebürge gezogen, da sich unterweges eine wohlgestaffierte Dame zu ihm gefunden, die lange anfänglich mit ihm geschwatzt und endlich immer näher und näher zum Propo gekommen, bis sie ihme ihre Liebe zu verstehen gegeben; darbei bittende: daß er sie nur nicht betriegen und foppen wollte, wie er mit seinen vorigen Damen gehandelt, darumb sie wohl wüßte. Und wenn er sie von Herzen meinete (hat sie weiter fortgeredet), so sollte er ihr drauf einen Kuß liefern, und was sie für seltsame Reden mehr geführet, dadurch sie ihn auf ihre Seite zu bringen gesonnen gewesen. Worüber aber endlich dem Venusritter übel gedauchtet und Unrichtigkeit vorgekommen, derentwegen er sich denn geweigert und den begehrten Kuß versaget, gedenkende: daß er sein Lebetage noch kein Mägdchen betrogen hätte, wie sie erwähnete. Hierauf hat sie ihme eine Maulschelle gegeben, dabei sprechende: Leug, du Schelm, daß du schwarz wirst! Wie er denn auch drüber nach dem alten Sprichworte schwarz geworden; darneben sie verschwunden ist und er hernach die Schwärze sein Lebetage nicht hat können von den Backen bringen.

Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 115
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