2. Rübezahl verbietet zween vornehmen Jägern das Jagen im Gebürge [Gebirge].
Auf eine Zeit wurden zweivornehme Jäger, die sich in Warmbrunn des Bades bedienet, miteinander einig, das Gebürge durch Jagen und Hetzen zu besuchen, damit sie einiges rares Wildpret möchten ansichtig und habhaft werden, solches als eine sonderbare Rarität mit nacher Hause zu nehmen.
Derowegen ließen sie sich ihre zwei besten Winde zum Jagen nachführen und machten sich also getrost auf den Weg nach dem Gebürge zu. Sobald sie nun desselben ein gut Teil zurücke geleget und an einen schönen Wald kamen, ließen sie ihre Pferde an einen Baum binden und einen von ihren Knechten dabei bleiben, gingen drauf in den Wald hinein, bliesen in ihr Hörnlein und wollten mit ihren Winden gleich einen Versuch tun. Plötzlich aber drauf höreten sie den Schall eines Jägers nebst einer großen Hetze anreizender Hunde, woraus sich anfangs unser beide Jäger nicht viel machten, bis ihnen endlich aber doch der Mut entfiel, denn der Schall des herannahenden Treibers und das fürchterliche Lärmen und Getös ward immer größer; darauf kamen einige Hunde und endlich der ganz erhitzte Jäger selbst, welcher gespornet auf ein großes gesatteltes wildes Schwein saß und einen Wurfspieß in der Hand erhabend führte, recht als ob er einen von diesen Fremden damit durch und durch werfen wollte, da ihnen denn ihr Jagen gänzlich verging. Hierauf befragte sie dieser schnaubende Jäger: Woher habt ihr die Freiheit, in meinem Gehege Wild zu jagen? Sie wollten sich höflich exküsieren, daß sie nicht gewußt hätten, daß allhier ein Verbot sei, und daß es einzig und allein aus Pläsier geschehen; allein alle ihre Einwendungen, wie nett und verblümt sie auch solche vorbrachten, ihm zu überreden, daß sie eins versuchen möchten, um nicht gar leer auszugehen, wollten nichts verfangen, sondern mußten sich begnügen, ohne einigen Verzug zu reterieren. Des waren sie inniglich froh, weil sie so ungeschoren und ohne Schaden davongehen, auch ihr Hörnlein samt den Hunden behalten mochten. Sobald sie sich von ihm beurlaubt, liefen sie, was sie laufen konnten, daß sie wieder zu ihren Pferden kamen. Rübezahl -ritte ihnen auf dem Fuße nach. Als sie sich wiederumb auf ihre Pferde geschwenket, nahmen sie alle von ihm völlig Abschied und ritten schleunig das Gebürge hinunter, ohne daß sie sich einmal umsahen, ließen jagen, wer da jagen wollte, begehrten nimmermehr, die Ehre zu haben, des Ortes ein Wildpret aufzujagen. Sobald sie herunter und auf eine Ebene waren, hielten sie stille, bis die Knechte mit' den Winden herzukamen. Sie belachten ihre Jägerei und ritten, nachdem sie sich ein wenig erholet, wieder zu den Ihrigen. Diese beiden Herren haben es frei gestanden, daß (ob sie gleich niemals vor ein oder zwei Personen gewichen, itzo auch noch des Sinnes gewest wären) sie dennoch bei Rübezahls Ankunft so verwirrt worden wären, daß sie fast nicht gewußt hätten, was sie ihm auf sein Fragen vor Antwort geben sollten; und da er in sein Waldhorn geblasen, welches ihnen gebaucht fürchterlich anzuhören zu sein, wegen des besonderen Getös im Gehölze, wären Hasen, Füchse, Rehe und allerhand fremdes Wild vor und hinter den Hunden, auch um des Jägers Roß gesprungen, die mit ihrem Geheul und Geschrei ein großes Lärmen gemacht, daß sie auch nicht gewußt hätten, wohin sie sich wenden sollten. Wenn nachgehends diese beide Herren zusammenkamen und ihnen eine Lust machen wollten, fragte einer dem andern: Wollen wir bald wieder nach rarem Wildpret reisen?
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 7f
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