72. Rübezahl spielet mit Schnippkäulchen.
Noch eben der vorig: Kutscher schwatzte hierauf, daß von den gedachten Knaben andere wären angereizet worden, ebenfalls ihr Heil zu versuchen und zuzusehen, ob sie auch was gewinnen könnten. Hierauf waren sie nicht minder auf selbiges Gebürgt gegangen und hätten Schnippkäulchen zu sich gestecket. Wie sie nunmehr hinaufgeraten, da war ihnen desselbigen gleichen eine andere Rotte erschienen, so auch mit den Schnippkäulchen zu tun gehabt. Zu solchen, wie sie begehret werden, machen sich die Ankommende ohne Hindernüsse hin, setzen ihre Kügelein zu und gewinnen anfänglich eine große Anzahl damit. Hiemit aber waren sie noch nicht vergnüget gewesen, sondern hatten gedacht, es würde sich wohl noch was Besseres finden, daß sie bespickter davongehen könnten. Unterdessen wäre es aber geschehen, daß sie wieder verloren hätten and nur bei der Anzahl geblieben wären, so sie hinaufgebracht hatten, womit sie auch waren gezwungen worden, herunterzugehen, weil die Zeit verlaufen und es schier zum Abend sich angelassen. Wie sie nun zu den Ihrigen wiederumb geraten waren, fangen sie ihr Unglück unwissend an zu beklagen und jene vorzuziehen, daß sie vor diesen lustig prosperieret hätten, sie aber jetzund nicht ein Dreck gewonnen hätten. Auf diese Wörter begehren jene zu sehen, was sie denn hinauf- und heruntergebracht. Da zeucht ein jeder seine vermeinete Zahl der Schnippkäulchen herfür und zeiget sie auf Begehren; aber kaum hatten sie die Faust aus dem Schiebesack bekommen, da befinden sie, daß es eitel Goldknöpfe gewesen, und auf diesen Schlag weit mehr gewonnen hatten als die vorigen.
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 67f
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