51. Rübezahl verehret den Bettlern was.
Unlängsten sollen ihrer drei armer Leute über das Gebürge [Gebirge] gegangen sein, aus Böhmen in Schlesien, welche unterwegens den Rübezahl in Gestalt und Aufzuge etwa eines Grafen oder Freiherrens in einer prächtigen Kutsche fahrend angetroffen. Zu solchen haben sie sich miteinander hingemachet, demütig supplizieret und umb eine geringe Verehrung gebeten; darzu sich dann auch gar leichte der verstellete Rübezahl bequemet hat: indem er einen jedweden in Sonderheit eine Gabe in Papier eingewickelt überliefert hat, darbei erinnerde, daß sie solches nicht eröffnen möchten, ehe und bevor sie in die nächste Herberge eingekehret hätten. Aber was geschieht? Und was tut der Vorwitz nicht? Denn einem von diesen Leuten gelüstet, auf dem Wege zu besehen, macht's derentwegen auf und - findet nichts anders als einen Zahlpfennig. Drüber er ergrimmet wird und den Quark für allen Hänger hinweg wirft. Der ander, deme dieses unbewußt, hält etwas ferner mit seiner Eröffnung ein; doch kann er dennoch das Wirtshaus nicht erwarten, ob er schon nahe gewesen, sondern machet ebenmäßig aus Kuriosität sein Geschenke vor dem Dorfs auf und
Findet zwei Groschen im Papier, welches er den andern beiden zeuget. Drauf der letzte spricht: Nun, das ist gut, vielleicht habe ich auch einen Trinkpfennig bekommen; ich will's aber nicht eher besehen, als wenn ich zur Stelle geraten bin - da er denn in seinem Makulatur zwei Dukaten gehabt. Drüber sich die übrigen betrübet gehabt, daß sie aus Heißhungrigkeit auch ihr Glücke nicht hatten erwarten können, sondern wider des Gebers Gebot das Geschenke zu frühzeitig besichtiget und derentwegen teils wenig, teils gar nichts angetroffen hätten.
Quelle: Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl, Johannes Praetorius, 1920, S. 49f
© digitale Version: www.SAGEN.at