Das Ende des Königreichs Thüringen
im Jahre 531
III. Der Anfang vom Ende
Solches vergaß der Frankenkönig Theuderich nicht. Er verbündete sich mit seinem Bruder Chlothar, der als König über Neustrien herrschte. Er sah aber seine Stunde erst gekommen, als Theoderich der Große nicht mehr unter den Lebenden weilte und die Franken ihn nun nicht mehr zu fürchten brauchten, um gegen Irminfried zu ziehen und ihn wegen seines Wortbruchs zu strafen.
So fielen Theuderich mit Theudebert, seinem Sohn, und seinem Bruder Chlothar in Thüringen ein.
Die Thüringer erwarteten die Franken bei Runibergun, an der Grenze ihres Reiches. Zwei Tage währte der Kampf ohne Entscheidung, am dritten wurde Irminfried zum Rückzug gezwungen. Die Thüringer bezogen bei Mühlhausen und Langensalza neue Verteidigungsstellungen. Und dort, wo sie den neuen Angriff der Franken erwarteten, hatten sie tiefe Löcher ausgehoben und wieder mit grünem Rasen überdeckt, so daß viele von den fränkischen Reitern hineinstürzten und der Angriff ins Stocken geriet. Aber die Franken kamen bald hinter diese List und brachten den Thüringern eine große Niederlage bei.
Da mußte sich Irminfried mit seinen Kriegern zurückziehen, und viele wurden dort, wo die Unstrut unfern ihres Ursprungs unreguliert und eine große Tiefe'noch nicht haben konnte, niedergemetzelt, so daß das flache Flußbett von ihren Leichen gefüllt und an seichten Stellen Erschlagene und Schwerverwundete schließlich eine Stauung herrvorriefen, die den nachfolgenden Franken ermöglichte, darüber wie auf einer Brücke an das andere Ufer zu gelangen. Auch das Wasser der Unstrut hatte sich blutrot gefärbt.
Nach der Flucht der Thüringer in ihre Burg rief König Theuderich seine Heerführer und fragte sie um ihre Meinung, ob er Irminfried weiter verfolgen oder heimkehren sollte. Einer riet zum Abzug, ein anderer zum Bleiben und zur Fortsetzung des Kampfes.
Dessen Rede gefiel dem König und allen, die nach reicher Beute und Siegesruhm begierig waren. Man blieb im Lager, und eine Botschaft ging zugleich zu den Sachsen mit dem Erbieten, wenn sie König Theuderich Hilfe brächten wider Irminfried und die Thüringer, er ihnen den nördlichen Teil des besiegten Landes als ewigen Besitz überlassen würde.
Die Sachsen säumten nicht und schickten sogleich neun Heerführer mit jeweils tausend Mann, die bei den Franken durch ihren Wuchs und ihre Haltung, durch ihre Kleidung und ihre Waffen Aufsehen erregten.
Einige fränkische Heerführer äußerten beim Anblick der unbändigen Sachsen Bedenken und warnten König Theuderich, daß diese, hätten sie erst Irminfried besiegt, sie auch bald das Reich der Franken vernichten würden. Der König dachte aber nur an den augenblicklichen Nutzen, deshalb nahm er die Hilfe der Sachsen an und gebot ihnen, sich zum Sturme gegen die Burg vorzubereiten, in die sich Irminfried mit den Resten seiner Krieger zurückgezogen hatte. Die Sachsen steckten nun ein Lager ab, südlich von der Burg auf den Wiesen, die zwischen einem Bachlauf (dem Biberbach) und der Unstrut lagen.
Schon am folgenden Tage griffen sie in den Morgenstunden zu den Waffen, erstürmten die Vorburg und steckten sie in Brand. Dann bereiteten sie den Angriff auf das östliche Tor vor.
Die Thüringer machten einen verzweifelten Ausfall, stürmten
in blinder, Wut auf-ihre Gegner los, und eine grimmige Schlacht begann.
Auf beiden Seiten wurden viele zu Boden gestreckt, denn die Thüringer
kämpften für ihr Vaterland, für ihre Frauen und Kinder,
die Sachsen dagegen aber für Beute, Ruhm und den Besitz des überfallenen
Landes. Erst die einbrechende Nacht trennte die Kämpfenden. Die Thüringer
beklagten viele Tote, die Sachsen 6000 Tote.
Quelle: Sagen und
Legenden aus Nebra (Unstrut), Gesammelt und neu erzählt von Rudolf
Tomaszewski, Nebra 1987