Das Ende des Königreichs Thüringen
im Jahre 531
V. Irminfrieds Ermordung
Als Theuderich vernahm, daß Irminfried entkommen sei, faßte er einen Plan, ihn bei günstiger Gelegenheit zurückzurufen und durch Versprechungen in Sicherheit zu wiegen, um ihn dann desto leichter ermorden zu lassen.
Das sollte Iring tun, der bei ihm geblieben war. Es gelang ihm, Iring nach langem Widerstand, durch reiche Geschenke und Versprechungen einer hohen Stellung für seinen Plan zu gewinnen, er selbst aber solle und wolle nach außen hin schuldlos erscheinen.
Irminfried folgt der Einladung nach Zülpich und wirft sich dem Frankenkönig zu Füßen. Der beschenkt ihn reich mit Ehrengaben, aber Iring, der als Waffenträger des Frankenkönigs mit bloßem Schwert neben den Königen steht, tötet seinen früheren König und Herrn. Theuderich aber heuchelt Empörung und verflucht Iring: "Durch solche Missetat bist du bei allen Sterblichen verhaßt geworden. Der Weg steht dir offen, uns zu verlassen."
"Mit Recht", erwidert Iring, "bin ich allen Sterblichen verhaßt geworden, weil ich deiner Arglist gefolgt bin. Aber ehe ich fortgehe, will ich erst meinen Herrn rächen und mein Verbrechen sühnen." Und mit dem noch vom Blute Irminfrieds gefärbten Schwert erschlägt er Theuderich, legt dann die Leiche Irminfrieds über die Theuderichs, damit "wer lebend überwunden worden wäre, im Tode überwände."
Und damit Sieger sei.
Und mit dem Schwerte sich einen Weg bahnend, durch die ihn in dichten Scharen umgebenden Franken, geht er hinweg.
So ward Irminfried erschlagen, nicht in der Schlacht, nicht auf der Flucht, nicht im Heimatland, sondern durch trügerische Versprechungen ins Frankenland gelockt und durch Verrat seines einstigen Vertrauten dahingemordet, aber dennoch Sieger im Tode.
Diese Tat Irings erlangt solche Bekannheit, daß die Milchstraße
am Himmel noch heute mit Irings Namen bezeichnet und Iringsweg oder Iringstraße
genannt wird.
Quelle: Sagen und
Legenden aus Nebra (Unstrut), Gesammelt und neu erzählt von Rudolf
Tomaszewski, Nebra 1987