Ritter Sankt Georg und der Drachen
Als einst die Burg zu Nebra vom Feinde belagert wurde, geriet die Besatzung in große Not und Bedrängnis, weil sich die Belagerer der außerhalb der Burgmauern gelegenen Quelle bemächtigt hatten.
Bald quälte unerträglicher Durst die Eingeschlossenen, und weit und breit war nicht das allerkleinste Wölkchen am Himmel zu sehen, welches ihnen wenigstens Regen gebracht hätte. Schon fingen die Männer an, zu verzweifeln, denn ihre Lippen waren trocken, und die Glieder drohten, jeglichen Dienst zu versagen. Dabei war die Quelle doch so sehr nahe: Dort, wo die Gaststätte "Zur Sorge" steht, sprudelte klares Wasser aus dem Felsen hervor.
In dieser Notlage faßte sich das Burgfräulein ein Herz und schlich heimlich in der Dunkelheit, ohne auch nur jemanden ein Sterbenswörtlein zu sagen, hinunter zur Quelle am Burgberg.
Als sie unbemerkt das so lebensnotwendige Naß erreicht hatte und sich bückte, um Wasser zu schöpfen, fuhr ein scheußlicher Drache aus einer nahegelegenen Höhle hervor und bedrohte die Jungfrau mit einem schrecklichen Tode.
In diesem Augenblick aber sprengte Ritter Sankt Georg, vom Wendelstein kommend, mit einem Gefolge Gewappneter herbei. Mutig stürzte er mit vorgestreckter Lanze auf den sich hochaufbäumenden Drachen los und bohrte ihm den spitzen Stahl so tief in den Giftrachen und das Gekröse, daß dieser sich wild aufbäumte und dann tot zur Erde stürzte. Er befreite damit nicht nur die Jungfrau von dem Ungetüm, sondern auch die Besatzung der Burg von ihren Feinden. Sie kamen endlich wieder in den Genuß ihrer Quelle und konnten sich nach Herzenslust erfrischen und laben.
Im Stadtwappen zu Nebra sieht man seitdem den Ritter Sankt Georg im Kampfe
mit dem Drachen.
Quelle: Sagen und
Legenden aus Nebra (Unstrut), Gesammelt und neu erzählt von Rudolf
Tomaszewski, Nebra 1987