DIE SCHWARZE GREET

Zwei arme Fischer, die auf dem Schleswiger Holm wohnten, hatten die ganze Nacht vergeblich gearbeitet und zogen zum letzten Male ihre Netze wieder leer herauf. Als sie nun traurig heimfahren wollten, erschien ihnen die schwarze Greet, in königlicher Pracht mit Perlen und Diamanten geschmückt, aber im schwarzen Gewande. Die sprach zu den Fischern: "Legt eure Netze noch einmal aus. Ihr werdet einen reichen Fang tun. Den besten Fisch aber, den ihr fangt, müsst ihr wieder ins Wasser werfen." Sie versprachen es und taten, wie die Greet gesagt.

Der Fang war so überschwänglich groß, dass ihn der Kahn kaum fassen wollte. Einer der Fische aber hatte Goldmünzen statt der Schuppen, Flossen von Smaragd und auf der Nase Perlen. "Das ist der beste Fisch", sprach der eine und wollte ihn wieder ins Wasser setzen. Aber des andre wehrte ihm und versteckte den Fisch unter der Übrigen, dass die Greet ihn nicht sähe.

Dann ruderte er hastig zu; denn ihm war bange. Ungern folgte ihm sein Gefährte. Aber wie sie so hinfuhren, fingen die Fische im Boote allmählich an zu blinken wie Gold; denn der Goldfisch machte die Übrigen auch golden. Der Nachen ward immer schwerer und versank endlich in die Tiefe, in die er den bösen Gesellen mit hinabzog. Mit Not entkam der andere und erzählte die Geschichte den Holmer Fischern.


Quelle: Neuausgabe von Otto Mensing, 1921