PAPE DÖNES GLOCKENSPIEL
Wie der Stürzebecher und seine Raub- und Mordgesellen auf Jasmund ihre geheimen Schlupfwinkel hatten, so saß ein ähnlicher Kumpan in einem unwegsamen Walde bei Ratzeburg, nur daß dieser kein Seeräuber war, sondern ein Landräuber, der hieß Pape Döne und war von unermeßlicher Stärke, die er sich durch ein Teufelsbündnis verschafft hatte. Er durchstreifte die Fluren als Bettler, fiel über die Reisenden her, überwältigte auch den stärksten Mann und schleppte ihn und all sein Gut nach seiner verborgenen Höhle und Mordgrube. Dort schnitt er seinen Ermordeten die Hirnschalen ab, zog die Haut davon, trocknete und bleichte erstere und hing sie an einer Schnur zwischen Bäumen auf, dann schlug er mit seinem Stecken daran und lauschte, welchen Klang oder Ton die Hirnschale von sich gab, und fand, daß nie einer klang wie der andere, und wie jeder Mensch seinen eigenen Kopf hat, so ist auch der Klang seines Gehirndeckels vom andern verschieden, woraus leichtlich zu erklären, warum so viele Menschen so unharmonisch miteinander leben, weil eben ihre Hirnschalentöne nicht zusammenpassen. Von dieser Erfindung, welche Pape Döne sein Glockenspiel nannte, soll er auch, indem er Töne suchte, den Beinamen Döne erhalten haben. Wenn nun der musikalische Mann, der Urerfinder der Schädellehre, gleich wie auf einer Strohfiedel auf den Hirnschalen sich hören ließ, so machte er sich das Vergnügen, diese zu gleicher Zeit auch tanzen zu lassen, und dazu sang er wohlgemut eine spöttische Tanzweise:
So danzet, so danzet, min levesten Söne,
Dat Danzen, dat maket ju Vater Pape Döne.
Diesen verruchten Musikanten soll endlich der Teufel niedergeworfen haben,
willens, mit seiner Seele an einen Ort zu fahren, wo Tanz und Spiel ein
Ende haben, aber Pape Döne wollte nicht und versprach dem Teufel
sieben Seelen statt seiner armen einzigen, wenn er ihm noch Frist gönne,
und der Teufel war auch so dumm, sich im Netz der Arglist Pape Dönes
fangen zu lassen. Kaum war der Teufel fort, so ging Pape Döne nach
Lübeck, suchte einen Mönch auf und beichtete ihm seine Sünden,
indem er herzlich bat, jener möge ihn gegen den Teufel in Schutz
nehmen. Der Mönch versprach dies, wenn Pape Döne alle seine
Untaten bekennen, alle ernstlich bereuen und dafür der strafenden
Gerechtigkeit sein Leben zur Sühne bringen wolle. Pape Döne
war von der letzten Bedingung nichts weniger als erbaut, aber es galt
seine Seele zu retten. Da nun der Teufel nach einer Zeitlang kam und nach
den sieben Seelen Erkundigung einziehen wollte, war Pape Döne fromm
geworden, herzte und küßte ein Kruzifix und hielt es dem Teufel
hin, er sollte es auch küssen. So etwas war dem Teufel noch nicht
vorgekommen, er fauchte Feuer und ließ Gestank fahren und fuhr ab,
lauerte aber, als am andern Tage Pape Döne zum Galgen geführt
wurde, um an selbigem als bußfertiger Sünder zu sterben, auf
Pape Dönes Seele. Wie ward aber dem Teufel, als er zwei Engel sah,
welche der fromme Mönch aus dem Himmel herabgebetet und welche die
Seele ganz frisch, wie sie aus dem Körper fuhr, in Empfang nahmen
und mit in den Himmel! Darüber ärgerte sich der Teufel so sehr,
daß er schwarz wurde. Seitdem ist der Teufel schwarz.
Quelle: Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch,
Leipzig 1853