Der Edelacker
Da nun in Thüringen der mannliche Landgraf zu seinem Volke hielt
und ihm die Last abnahm, mit der es die Räte und die Amtleute bedrückt,
von denen der Schmied gesagt hatte, daß sie als schlaue Jäger
die roten Füchse - nämlich die Goldstücke - in ihre Beutel
trieben, wurden ihm seine Edeln allzumal mächtig gram, denn des Fürsten
Tun dünkte sie eine unerhörte Neuerung, und lehnten sich auf
gegen ihn und sprachen: Wir wollen das nicht fürder leiden. Als solches
dem Landgrafen hinterbracht ward, daß sie als widerspenstige Vasallen
einen Willen für sich apart haben wollten, tat er einen eisernen
Panzerrock an und zog nach der Numburg über Freiburg mit Heeresmacht
und nahm die, so sich zusammengerottet, gegen ihn zu streiten, alle gefangen
und führte sie über der Burg auf ein flaches Feld und hielt
ihnen dort eine Rede, in der er ihnen alles sagte, was er auf dem Herzen
hatte, daß sie lehenseidbrüchige Rebellen seien und daß
ihre Köpfe eigentlich jetzt vor ihre Füße gehörten.
Er wolle aber nicht, daß man ihm nachsage, er töte seine eigenen
Diener; Schätzung ihnen auflegen wolle er auch nicht, er wolle sich
nicht, wie sie getan, mit der Untertanen Gut bereichern, sie aber ungestraft
entlassen, würde Ursachen, daß sie fürder seinen Zorn
verlachten, so wolle er ein Beispiel geben zur Nachachtung für die
künftigen Zeiten. Ließ sich Stränge und Halftern reichen,
spannte die Edeln je vier und vier an einen Pflug, den die Diener halten
mußten, und trieb sie, mit einer Geißel nebenhergehend wie
ein Ackersmann, eine lange Furche zu ahren. Und als eine Furche gezogen
war, da ließ er den Pflug wenden und vier andere einspannen und
ahrete also einen ganzen Acker, wie mit Pferden, und ließ dann den
Acker mit großen Steinen zeichnen, zum ewigen Gedächtnis, und
machte ihn zu einem Asyle. Darauf nannte er den Acker den Edelacker, und
derselbe heißt heute noch so und liegt nahebei hinter der alten
Numburg auf freier Höhe. Die so schwer gedemütigten Vasallen
aber mußten ihm aufs neue schwören und hulden, sie mußten,
oder der Zorn ihres Herrn kam über sie wie ein Ungewitter.
Quelle: Ludwig Bechstein,
Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853