Des eisernen Landgrafen Seele
Ludwig der Milde, des eisernen Sohn, hätte gern gewußt, wie
es um seines Vaters Seele beschaffen sei, denn er mußte hören,
daß man seinen Vater nicht segne, obschon er dem Volke gegen den
Druck seiner Edeln geholfen, denn dem Volke macht es auch der Beste nie
zu Dank, nicht einmal der liebe Gott. Solches vernahm ein Ritter am Hofe,
der hatte einen Bruder, und selber war ein Pfaffe zu Eisenach und in der
schwarzen Kunst wohl erfahren. Da mußte der Pfaffe den Teufel beschwören
und befragen, wo des Landgrafen Seele sei. - Da sagte der Teufel, wenn
er mit ihm fahren wolle, solle er die Seele sehen, und verhieß,
daß das ohne Schaden geschehen solle. - Das war der Pfaff zufrieden,
und der Teufel setzte ihn auf seine Schultern und fuhr mit ihm stracklich
in den Hörseelenberg hinein in gar kurzer Zeit, denn er hatte nicht
weit zu fahren und fuhr viel schneller wie ein Dampfwagen. Da sah der
Pfaff mit Grausen mancherlei Qual und Pein, und ein anderer Teufel hob
von einer Grube einen ehernen Deckel und blies mit einer ehernen Posaune
in die Grube, daß es also schallte, daß der ganze Berg und
die Welt davon erzitterte. Darauf gingen Feuerfunken und Schwefelbrodem
aus der Grube, dann kam die Gestalt des Landgrafen herauf, ganz hager
und traurig, nur ein Schemen, und klagte sich an, er habe den geistlichen
Stiftern zu wehe getan, sein Sohn solle doch ihnen das entzogene Gut,
das er, der eiserne Landgraf, treuen Dienern zugewendet, den Stiftern
zurückgeben, so werde er ihn aus der Pein erlösen. - Da sprach
der Pfaffe: Wenn ich solche Mär ansage, werden sie sprechen, ich
habe sie selbst erdichtet, und werden mich fragen: Gibt denn der Pfaff
ein Opfer wieder? - Da sprach die arme Seele: Ich will dir ein Zeichen
sagen, das geheim ist, da werden sie glauben. - Und sagte ihm also ein
genaues Wahrzeichen, das niemand wußte, dann ward der Landgraf wieder
zur Grube gesenkt, darüber wurde es dem Pfaffen grün und gelb
vor den Augen, und gelb blieb er auch, nachdem er zurückgeführt
worden war vom Teufel und alles, was er gesehen, und auch das Wahrzeichen
treulich berichtete; aber die, welche die Güter inne hatten, glaubten
dennoch nicht und behielten selbige inne und sagten, es möge wohl
alles nicht wahr und nur ein angestelltes Pfaffenstücklein sein.
- Der Pfaff aber wollte nichts mehr von Zauberei wissen, er gab Pfründe
und Lehen auf und wurde ein Mönch im Kloster Volkenrode.
Quelle: Ludwig Bechstein,
Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853