Beschwörung der Bergmännlein
Zu Nürnberg ist einer gewesen, mit Namen
Paul Creuz, der eine wunderbare Beschwörung gebraucht hat. In einen
gewissen Plan hat er ein neues Tischlein gesetzt, ein weißes Tuch
daraufgedeckt, zwei Milchschüßlein draufgesetzt, ferner zwei
Honigschüßlein, zwei Tellerchen und neun Messerchen. Weiter
hat er eine schwarze Henne genommen und sie über einer Kohlpfanne
zerrissen, so daß das Blut in das Essen hineingetropft ist. Hernach
hat er davon ein Stück gegen Morgen, das andere gegen Abend geworfen
und seine Beschwörung begonnen. Wie dies geschehen, ist er hinter
einen grünen Baum gelaufen und hat gesehen, daß zwei Bergmännlein
sich aus der Erde hervorgefunden, zu Tisch gesetzt und bei dem kostbaren
Rauchwerke, das auch vorhanden gewesen, gleichsam gegessen. Nun hat er
ihnen Fragen vorgelegt, worauf sie geantwortet; ja, wenn er das oft getan,
sind die kleinen Geschöpfe so vertraut geworden, daß sie auch
zu ihm ins Haus zu Gast gekommen. Hat er nicht recht aufgewartet, so sind
sie entweder nicht erschienen oder doch bald wieder verschwunden. Er hat
auch endlich ihren König zuwege gebracht, der dann allein gekommen
in einem roten, scharlachen Mäntlein, darunter er ein Buch gehabt,
das er auf den Tisch geworfen und seinem Banner erlaubt hat, soviel und
solange er wollte, drinnen zu lesen. Davon hat sich der Mensch große
Weisheit und Geheimnisse eingebildet.
Kommentar:
Prätor.: Glückstopf, S. 177
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm
Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18, Nr. 38