Das Nothemd
Das Nothemd wird auf folgende Weise zubereitet:
in der Christnacht müssen zwei unschuldige Mägdlein, die noch
nicht sieben Jahr alt sind, linnen Garn spinnen, weben und ein Hemd daraus
zusammennähen. Auf der Brust hat es zwei Häupter, eins auf der
rechten Seite mit einem langen Bart und Helm, eins auf der linken mit
einer Krone, wie sie der Teufel trägt. Zu beiden Seiten wird es mit
einem Kreuze bewahrt. Das Hemd ist so lang, daß es den Menschen
vom Hals an bis zum halben Leib bedeckt.
Wer ein solches Nothemd im Kriege trägt, ist sicher vor Stich, Hieb, Schuß und anderm Zufall, daher es Kaiser und Fürsten hochhielten. Auch Gebärende ziehen es an, um schneller und leichter entbunden zu werden. Contra vero tale indusium, viro tamen mortuo ereptum, a foeminis luxuriosis quaeri ferunt, quo indutae non amplius gravescere perhibentur.
Kommentar: Joh. Weier: Von Teufelsgespenstern,
B. 8, Kap. 13. Zedlers Universallexicon h. v. Der ungewissenhafte Apotheker,
S. 650.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 254