Der Kroppenstedter Vorrat
Das Wahrzeichen des Städtchens Kroppenstedt,
im alten niedersächsischen Hartingau gelegen, ist ein großer
silberner Becher, der Kroppenstedter Vorrat genannt, und wird auf dem
dortigen Rathause aufbewahrt. Man sieht in erhabener Arbeit dreizehn Wiegen
und eine Wanne, worin vierzehn Kinder liegen, sauber abgebildet. Eine
lateinische Inschrift besagt in gedrängten Zeilen, was das Volk in
der Gegend umständlicher zu erzählen weiß: Es lebte vorzeiten
ein Kuhhirte an dem Ort, dem in einem Jahre von zwölf Frauen vierzehn
Knaben geboren wurden. Die Mütter hatten sich aber nur auf dreizehn
Wiegen geschickt, und das vierzehnte Kind mußte, weil sie nicht
ausreichten, in eine Wanne oder Mulde gelegt werden.
Kommentar: Bratring: Mag. für Land- und Geschichtskunde, erstes Heft
1798.
Otmars Volkssagen, S. 46, 47.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm
(Brüder Grimm), Kassel 1816/18, Nr. 577