Die Brotschuhe
Einer Bürgersfrau war ihr junges Kind gestorben,
das ihr Augapfel war, und wußte gar nicht genug, was sie ihm noch
Liebes und Gutes antun sollte, eh es unter die Erde käme und sie's
nimmermehr sehen würde. Und wie sie's nun im Sarg auf das beste putzte
und kleidete, so deuchten ihr die Schühlein doch nicht gut genug
und nahm das weißeste Mehl, was sie hatte, machte einen Teig und
buk dem Kind welche von Brot. In diesen Schuhen wurde das Kind begraben,
allein es ließ der Mutter nicht Rast noch Ruh, sondern erschien
ihr jammervoll, bis sein Sarg wieder ausgegraben wurde und die Schühlein
aus Brot von den Füßen genommen und andere ordentliche angezogen
waren. Von da an stillte es sich.
Kommentar: Mündlich
aus Deutschböhmen.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 237