Die drei Telle
In der wilden Berggegend der Schweiz um den Waldstättersee
ist nach dem Glauben der Leute und Hirten eine Felskluft, worin die drei
Befreier des Landes, die drei Tellen genannt, schlafen. Sie sind
mit ihrer uralten Kleidung angetan und werden wieder auferstehen und rettend
hervorgehen, wann die Zeit der Not fürs Vaterland kommt. Aber der
Zugang der Höhle ist nur für den glücklichen Finder.
Ein Hirtenjunge erzählte folgendes einem Reisenden: Sein Vater, eine verlaufene Ziege in den Felsenschluchten suchend, sei in diese Höhle gekommen, und gleich, wie er gemerkt, daß die drei drin schlafenden Männer die drei Tellen seien, habe auf einmal der alte eigentliche Tell sich aufgerichtet und gefragt: »Welche Zeit ist's auf der Welt?« und auf des Hirten erschrockene Antwort: »Es ist hoch am Mittag«, gesprochen: »Es ist noch nicht an der Zeit, daß wir kommen«, und sei darauf wieder eingeschlafen. Der Vater, als er mit seinen Gesellen, die Telle für die Not des Vaterlands zu wecken, nachher oft die Höhle gesucht, habe sie doch nie wiederfinden können.
Kommentar: Journal des Luxus und der Moden, Januar
1805, S. 38.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 297