Eppela Gaila
Vor nicht lange sangen die Nürnberger Gassenbuben noch diesen alten Reim:
»Eppela Gaila von Dramaus
reit allzeit zum vierzehnt aus.«
und:
»Da reit der Nürnberger Feind aus,
Eppela Gaila von Dramaus.«
In alten Zeiten wohnte im Bayreuthischen bei Drameysel (einem kleinen,
nach Muggendorf eingepfarrten Dörfchen) Eppelin von Gailing, ein
kühner Ritter, der raubte und heerte dort herum, und sonderlich aufgesessen
war er den Nürnbergern, denen schadete er, wo er mochte. Er verstand
aber das Zaubern, und zumal so hatt er ein Rößlein, das konnte
wohl reiten und traben, damit setzte er in hohen Sprüngen über
Felsen und Risse und sprengte es über den Fluß Wiesent, ohne
das Wasser zu rühren, und über Heuwagen auf der Wiese ritt er,
daß seines Rosses Huf kein Hälmlein verletzte. Zu Gailenreuth
lag sein Hauptsitz, aber ringsherum hatte er noch andere seiner Burgen,
und im Nu wie der Wind flog er von einer zur andern. Von einer Bergseite
war er flugs an der gegenüberstehenden und ritt oftmals nach Sankt
Lorenz in Muggendorf. Zu Nürnberg hielten ihn weder Burgmauern auf
noch der breite Stadtgraben, und viel andere Abenteuer hat er ausgeübt.
Endlich aber fingen ihn die Nürnberger, und zu Neumarkt ward er mit
seinen Helfershelfern an den Galgen gehängt. In der Nürnberger
Burg stehen noch seine Waffen zur Schau, und an der Mauer ist noch die
Spur vom Hufe seines Pferdes zu sehen, die sich eingedrückt hatte,
als er darüber sprang.
Kommentar:
Fischart im Garg.: (springen) über Eppelins Heuwagen.
Rentsch: Antiquitäten des Burggrafthums oberhalb Gebirg, aus einer
ihm 1684 vom Pfarrer Meyer zu Muggendorf mitgeteilten Nachricht.
Beschreibung des Fichtelberges, Leipz. 1716, S. 149. Edward Brown: Sonderbare
Reisen, S. 67.
E. M. Arndt: Bruchst. einer Reise von Baireuth nach Wien im Sommer 1798,
Leipz. 1801, 8, S. 27, 28, 96.
Eppelein von Gailingen, ein Schauspiel von Hansing, Leipz. 1795, 8.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 129.