Frau Holla und der treue Eckart
In Thüringen liegt ein Dorf namens Schwarza,
da zog Weihnachten Frau Holla vorüber, und vorn im Haufen ging der
treue Eckart und warnte die begegneten Leute, aus dem Wege zu weichen,
daß ihnen kein Leid widerfahre. Ein paar Bauernknaben hatten gerade
Bier in der Schenke geholt, das sie nach Haus tragen wollten, als der
Zug erschien, dem sie zusahen. Die Gespenster nahmen aber die ganze breite
Straße ein, da wichen die Dorfjungen mit ihren Kannen abseits in
eine Ecke; bald nahten sich unterschiedene Weiber aus der Rotte, nahmen
die Kannen und tranken. Die Knaben schwiegen aus Furcht stille, wußten
doch nicht, wie sie ihnen zu Haus tun sollten, wenn sie mit leeren Krügen
kommen würden. Endlich trat der treue Eckart herbei und sagte: »Das
riet euch Gott, daß ihr kein Wörtchen gesprochen habt, sonst
wären euch eure Hälse umgedreht worden; gehet nun flugs heim
und sagt keinem Menschen etwas von der Geschichte, so werden eure Kannen
immer voll Bier sein und wird ihnen nie gebrechen.« Dieses taten
die Knaben, und es war so, die Kannen wurden niemals leer, und drei Tage
nahmen sie das Wort in acht. Endlich aber konnten sie's nicht länger
bergen, sondern erzählten ihren Eltern von der Sache, da war es aus,
und die Krüglein versiegten. Andere sagten, es sei dies nicht eben
zu Weihnacht geschehen, sondern auf eine andere Zeit.
Kommentar: Prätor.: Weihnachtsfratzen, prop.
55. Falkenstein: Thüring. Chronik, I, 167.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm
(Brüder Grimm), Kassel 1816/18, Nr. 7