Der heilige Sonntag
Zu Kindstadt in Franken
pflegte eine Spinnerin des Sonntags über zu spinnen und zwang auch
ihre Mägde dazu. Einsten deuchte sie miteinander, es ginge Feuer
aus ihren Spinnrocken, täte ihnen aber weiter kein Leid. Den folgenden
Sonntag kam das Feuer wahrhaftig in den Rocken, wurde doch wieder gelöscht.
Weil sie's aber nicht achtete, ging den dritten Sonntag das ganze Haus
an vom Flachs und verbrannte die Frau mit zweien Kindern, aber durch Gottes
Gnade wurde ein kleines Kind in der Wiege erhalten, daß ihm kein
Leid geschahe.
Man sagt auch, einem Bauer, der sonntags in
die Mühle ging, sein Getreid zu mahlen, sei es zu Aschen geworden,
einem andern Scheuer und Korn abgebrannt. Einer wollte auf den heiligen
Tag pflügen und die Pflugschar mit einem Eisen scheuern, das Eisen
wuchs ihm an die Hand und mußte es zwei Jahr in großem Schmerz
tragen, bis ihn Gott nach vielem brünstigen Gebet von der Plage erledigte.
Kommentar:
Harsdörfers Mordgeschichten, Nr. 120, 3.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 232.