Magdeburger Nixen
Zu Magdeburg an einer Stelle der Elbe ließ
sich oft die Nixe sehen, zog die überschwimmenden Leute hinab und
ersäufte sie. Kurz vor der Zerstörung der Stadt durch Tilly
schwamm ein hurtiger Schwimmer um ein Stück Geld hinüber; als
er aber herüber wollt und an den Ort geriet, wurde er festgehalten
und hinuntergerissen. Niemand konnte ihn retten, und zuletzt schwamm sein
Leichnam ans Ufer. Zuweilen soll sich das Meerwunder am hellen Tag und
bei scheinender Sonne zeigen, sich ans Ufer setzen oder auf die Äste
anstehender Bäume und wie schöne Jungfrauen lange, goldgelbe
Haare kämmen. Wenn aber Leute nahen, hüpft es ins Wasser. Einmal,
weil das Brunnenwasser hart zu kochen ist, das Elbwasser aber weit und
mühselig in die Stadt getragen werden muß, wollte die Bürgerschaft
eine Wasserleitung bauen lassen. Man fing an, große Pfähle
in den Fluß zu schlagen, konnte aber bald nicht weit vorrücken.
Denn man sah einen nackenden Mann in der Flut stehen, der mit Macht alle
eingesetzten Pfähle ausriß und zerstreute, so daß man
den vorgenommenen Bau wieder einstellen mußte.
Kommentar:
Prätor.: Weltbeschreibung, I, 497, 498.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 57