Riese Einheer
Zu Zeiten Karls des Großen lebt ein Ries'
und Recke, hieß Einheer, war ein Schwab, bürtig aus Thurgau,
jetzt Schweiz, der wuthe (watete) über alle Wasser, dorft (braucht)
über keine Brücke gehen, zoge sein Pferd bei dem Schwanz hernach,
sagt allzeit: »Nun Gesell, du mußt auch hernach!« Dieser
reiset auch in diesen Kaiser Karls Kriegen wider die Winden (Wenden) und
Haunen (Hunnen); er mähet die Leut, gleichwie das Gras mit einer
Sensen, alle nieder, hängt sie an den Spieß, trug's über
die Achseln wie Hasen oder Füchs, und da er wieder heimkam und ihn
seine guten Gesellen und Nachbarn fragten, was er ausgerichtet hätte,
wie es im Kriege gegangen wäre, sagt er aus Unmut und Zorn: »Was
soll ich viel von diesen Fröschlein sagen! Ich trug ihr sieben oder
acht am Spieß über die Achsel, weiß nicht, was sie quaken,
ist der Mühe nicht wert, daß der Kaiser soviel Volks wider
solche Kröten und Würmlein zusammenbracht, ich wollt's viel
leichter zuwegen gebracht haben!« - Diesen Riesen nennt man Einheer,
daß (weil) er sich in Kriegen schier einem Heer vergleicht und alsoviel
ausrichtet. Es flohen ihm die Feinde, Winden und Haunen, meinten, es wär
der leidige Teufel.Kommentar: Aventin: Bair. Chronik, Frankf. 1570, S. 285b.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm
(Brüder Grimm), Kassel 1816/18, Nr. 18