Riesensteine
Man findet hin und wieder greuliche Steine, worin die Male von Händen
und Füßen eingedrückt sind und wovon die Sage ist, dieses
rühre von Riesen her, die sich vor alters damit geworfen oder darauf
gestanden. Ein solcher Stein liegt zu Leipzig beim Kuhturm am Wege, und
die Spur einer großen Hand mit sechs Fingern steht darauf gedruckt.
Ein andrer großer Stein ist auf dem Wege von Leipzig nach dem Dorf
Hohentiegel zu finden, dem Dorfe näher als der Stadt, darauf man
eine Schmarre sieht, als wäre sie mit einem Schlachtschwerte eingehauen.
Als Salzwedel vor uralters hart belagert wurde von einem grausamen Feind,
der sie doch nicht einbekommen mochte, weit Engel auf der Stadtmauer hin
und her gegangen, die Pfeile auffingen und die Stadt behüteten, da
erbitterte der Feldherr; und wie im Lager ein großer Stein vor ihm
lag, zog er sein Schlachtschwert und sprach: »Soll ich die Stadt
nicht gewinnen, so gebe Gott, daß ich in diesen Stein haue wie in
einen Butterweck.« Als er nun hieb, gab der Stein nach, als ob er
ganz weich wäre. Dieser Stein wurde dem Prätorius an derselben
Stelle im Jahr 1649 gezeigt, auf dem Wege zwischen Salzwedel und Tielsen,
und er betastete ihn und sah mit eigenen Augen die tiefe Spalte, die er
durch die Mitte hatte.
Kommentar: Prätor. Weltbeschreibung, I, 591 - 593.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm
Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18, Nr. 134