Schreckenwalds Rosengarten
Unterhalb Mölk in Östreich, auf dem
hohen Agstein, wohnte vorzeiten ein furchtbarer Räuber, namens Schreckenwald.
Er lauerte den Leuten auf, und nachdem er sie beraubt hatte, sperrte er
sie oben auf dem steilen Felsen in einen engen, nicht mehr als drei Schritte
langen und breiten Raum, wo die Unglücklichen vor Hunger verschmachteten,
wenn sie sich nicht in die schreckliche Tiefe des Abgrundes stürzen
und ihrem Elend ein Ende machen wollten. Einmal aber geschah es, daß
jemand kühn und glücklich springend auf weiche Baumäste
fiel und herabgelangte. Dieser offenbarte nun nach vollbrachter Rettung
das Raubnest und brachte den Räuber gefangen, der mit denn Schwert
hingerichtet wurde. Sprichwörtlich soll man von einem Menschen, der
sich aus höchster Not nur mit Leib- und Lebensgefahr retten mag,
sagen. »Er sitzt in Schreckenwalds Rosengärtlein.«
Kommentar: Psellionorus:
Lustgarten, Straßb. 1621, S. 681, 682.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 501