Die Weinreben und Nasen
An dem Hofe zu H. war ein Geselle, der seinen
Gästen ein seltsam schimpflich Gaukelwerk machte. Nachdem sie gegessen
hatten, begehrten sie, darum sie vornehmlich kommen waren, daß er
ihnen zur Lust ein Gaukelspiel vorbringe. Da ließ er aus dem Tisch
eine Rebe wachsen mit zeitigen Trauben, deren vor jedem eine hing: hieß
jeglichen die seine mit der Hand angreifen und halten und mit der andern
das Messer an den Stengel setzen, als wenn er sie abschneiden wollte;
aber er sollte beileibe nicht schneiden. Darnach ging er aus der Stube,
kam wieder: da saßen sie alle und hielten sich ein jeglicher selber
die Nase und das Messer darauf. Hätten sie geschnitten, hätte
ein jeder sich selbst die Nase verwundet.
Kommentar: Aug. Lercheimer:
Bedenken von der Zauberei, Bl. 19.
Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm),
Kassel 1816/18, Nr. 252