DIE ERLÖSTE SEELE
In St. Johann erzählt man sich die Legende von einem besonders fleißigen und gottesfürchtigen Ministranten.
Einst fragte ihn der Pfarrer von St. Johann ob er eine arme Seele erlösen wolle. Der Ministrant bejahte schüchtern und der Pfarrer beauftragte ihn darauf dreimal um Mitternacht auf den Friedhof in die Leichenkapelle zu gehen und dort einen Ablass zu beten.
Um Mitternacht desselben Tages machte sich der Ministrant tatsächlich
auf den Weg zum Gottesacker, aber am Friedhofsgatter verließ ihn
aller Mut und er kehrte um. Aber es ließ ihm keine Ruhe; am nächsten
Tag nahm er wiederum allen Mut zusammen und diesmal ging er nun tatsächlich
um Mitternacht in die Leichenkapelle und betete einen Ablass. Am nächsten
Tag sagte der Pfarrer er wisse, dass er gestern einen Ablass gebetet habe,
aber es sei noch nicht genug, er müsse noch zweimal um Mitternacht
in die Kapelle gehen um dort beten. Schweren Herzens und zitternd vor
Furcht wagte es der Ministrant tatsächlich noch zweimal um Mitternacht
in der Leichenkapelle zu beten. Und wirklich- es war ein Wunder, als der
Ministrant seinen dritten Ablass gebetet hatte, flog eine weiße
Taube himmelwärts.
(gesammelt und aufgeschrieben von Steger Konrad)
Quelle: Copyright © Konrad
Steger
nach mündlichen Erzählungen von AhrntalerInnen
Fink, Hans: Zur Sagenwelt des Ahrntales. In: Das Ahrntal. Heimatkundliche
Beiträge. Sonderdruck "Der Schlern" Nr. 7/8 1978, S. 89-
96.
Bei uns erzählt man... Geschichten aus dem Ahrntal. Broschüre
der Klasse 3E der MS St. Johann, 1989/90.