LÜGENMÄRCHEN
Auf der Alm des Grießerhofes von St. Peter soll der Senner einen riesigen kupfernen Kaskessel gehabt haben, der eines Tages drei Löcher bekam. Um die Löcher zu flicken, holte man drei "Klamperer" *), einen von Bruneck, den zweiten aus Brixen, den dritten aus dem Pinzgau. Die drei Klamperer begannen mit der Arbeit und hämmerten fleißig drauflos, sie vermochten sich aber gegenseitig nie zu hören, so riesige Ausmaße hatte der Grießer- Kaskessel.
Sagenhaft groß soll der Pippergerhof sein, von dem es heißt, wenn auf seinem Grund drei Kirchen stünden, so vermöchte man von der einen zur anderen nicht das Läuten der Glocken zu vernehmen. Eine Riesenlärche soll einst im Gasserwalde bei St. Peter gestanden sein. Sie soll so groß gewesen sein, dass niemand wagte sie zu besteigen. Einmal versprach der Bauer demjenigen den ganzen Baum, der es wage ihm den Wipfel der Lärche auf den Stubentisch zu legen. Niemand fand sich bereit es zu wagen. Noch heute gibt es in St. Peter den Flurnamen "pan Gossa Lärch." **)
Märchenhaft stark sollen die Ahrntaler früherer Generationen gewesen sein. Sagenhafte Lasten trugen sie manchmal in Buckelkraxen auf ihre Berghöfe; gab es einmal nichts zum Tragen, so luden sie die ganze Kraxe voll Steine auf.
Einmal fuhr ein Blitzschlag in die Schafherde des Niederhoferbauern vom Gföllberg oberhalb von St. Johann, und erschlug auf der Alm sechs Tiere. Da der Niederhofer das Fleisch nicht verderben lassen wollte, lud er alle sechs Schafe auf einmal auf seine Kraxe und trug auf dem dreistündigen Weg nach Hause. Ein Schaf wiegt fünfzig Kilogramm und mehr.
Frühere Ahrntaler waren weitum für ihre Rauflust bekannt. Der alte Platter aß, bevor er seine Gegner aufs Korn nahm, meistens einen ganzen Suppenteller voll Schnaps aus, in den er mit bloßer Hand ein ganzes steinhartes Roggenbrot hineingebröselt hatte. Dass das Eindruck machte ist verständlich. Und einmal hat er gar einen riesigen Hackstock übers Hausdach geworfen.
Von einem Ahrntaler wird erzählt, dass es ihm Freude machte mit
dem Kopf Türen einzurennen und im Wettkampf wie die Widder seine
Gegner nieder zu rennen, von einem anderen erzählt man, dass er bei
Raufereien einen Schlagring mit der Inschrift "Ich fürchte keinen"
benutzte. Von einem dritten erzählt man sich, dass er so starke und
dicke Finger hatte, dass in seinem Ehering ein Talerstück Platz hatte.
(gesammelt und aufgeschrieben von Steger Konrad)
*) Ein Klamperer übte das Handwerk des Pfannen- und Kesselmachers
und - flickers aus.
**) Beim Gasser Lärch.
Quelle: Copyright © Konrad
Steger
nach mündlichen Erzählungen von AhrntalerInnen
Fink, Hans: Zur Sagenwelt des Ahrntales. In: Das Ahrntal. Heimatkundliche
Beiträge. Sonderdruck "Der Schlern" Nr. 7/8 1978, S. 89-
96.
Bei uns erzählt man... Geschichten aus dem Ahrntal. Broschüre
der Klasse 3E der MS St. Johann, 1989/90.