MARIA IM MOOS

Ein Fuhrmann fuhr einst von der Stadt Bozen durch das "Moos", wie man die örtlichkeit nannte, wo heute die Bozner Pfarrkirche steht, auf der Landstraße hinab zur Eisackbrücke, um von dort dann weiter nach Trient zu gelangen. Aber wie er so durch das "Moos" fuhr, da hörte er plötzlich eine feine Stimme rufen: "Heb mich auf!"

Doch der Fuhrmann sah keinen Menschen weit und breit und wollte schon wieder weiterfahren, als er abermals die zarte Stimme hörte: "Heb mich auf, heb mich auf!"

Da schaute er genauer zu und fand auf einmal in dem Sumpf neben der Landstraße ein liebliches Muttergottesbild liegen, das hell leuchtete. Er hob das Bild voller Freude auf und brachte es in die Stadt.

Bald strömten die Menschen herbei, um dieses auf so wundersame Weise zutage gekommene Bild der Muttergottes, die da den Jesusknaben stillte, zu sehen und zu verehren. Und weil man keinen eigenen Namen hatte für dieses Gnadenbild, so nannte man es einfach "Maria aus dem Moos" und schließlich "Maria im Moos".

Man beschloß, an eben der Stelle, wo das Marienbild im Sumpf gefunden worden war, eine kleine Kapelle zu erbauen und das Bild dort hineinzustellen. Später aber ging man daran, über dieser bescheidenen Marienkapelle eine neue Kirche zu bauen und diese zu Ehren der Muttergottes zu weihen - eben die heutige Bozner Pfarr- oder Domkirche. Und man baute die neue Kirche so, daß die Marienkapelle gerade hinter dem Hochaltar zu stehen kam. 1745 dann vergrößerte man diese alte Gnadenkapelle und baute sie in die heutige Form um. Das uralte Gnadenbild "Maria im Moos" aber befindet sich heute noch in dieser Gnadenkapelle hinter dem Hochaltar und wird dort immer noch von sorgenschweren Menschen in ihren Nöten aufgesucht und verehrt.


Quelle: nach P. Ferdinand Troyer, 15. Kapitel, 1949/69 f.; Beda Weber, Land Tirol, Südtirol, 247; Falger, 270 - 273; Staffler, 856; Simeoner, 80 - 82; Zingerle, 516 f.; Atz / Schatz, I/9