VOM hl. QUIRINIUS
Als die bayerischen Grafen Adalbert und Otkar, die 765 ein Kloster am Tegernsee gestiftet hatten, zu ebenderselben Zeit eine Pilgerfahrt nach Rom unternahmen und dabei auch bei Papst Paul 1. (757 - 767) vorsprachen, um von ihm einen hl. Leib für dieses ihr neugegründetes Kloster zu erbitten, da übergab ihnen dieser den Leib des hl. Quirinus, welcher ein römischer Soldat gewesen und 269 wegen seines christlichen Glaubens zuerst gemartert und dann hingerichtet worden war. Aber der Papst ermahnte die beiden edlen Stifter, den hl. Leib in Ehren zu halten und vor allem während der ganzen Dauer der Rückreise von Rom bis zum Tegernsee die Truhe mit den hl. Gebeinen nie zu öffnen.
Dies versprachen die beiden Grafen hoch und heilig, aber als der Reisezug dann auf der Rückfahrt nach Bozen gekommen war, welches die erste Stadt in Bayern und Deutschland war, da beschlossen sie, eine Rastpause einzulegen. Die Truhe mit den hl. Gebeinen aber legte man inzwischen in eine kleine Kapelle am Talferufer.
Doch die Reisebegleiter der beiden Grafen packte nun der Fürwitz, was es denn mit diesen hl. Gebeinen auf sich haben müsse, daß man sie gar nicht ansehen dürfe. Und als sie ausgiebig gefeiert und getrunken hatten und am dritten Tage ganz bezecht waren, da nahmen sie in ihrer Vermessenheit und Frechheit die kostbaren Tücher von der Truhe und öffneten schließlich auch diese selbst, um die hl. Gebeine anzuschauen.
Da aber schlug mit einem Male ein gewaltiges Feuer aus der Truhe und verzehrte die frechen Frevler, daß sie hinfielen und tot waren. Die frommen Bozner aber beschlossen, an der Stelle der bescheidenen Kapelle, wo sich diese Freveltat ereignet hatte, zu Ehren des hl. Quirinus eine kleine Kirche zu erbauen und verehrten fortan hier den hl. Märtyrer als Helfer gegen Viehkrankheiten. Später, als durch die häufigen überschwemmungen der Talfer die alte Quirinuskapelle mitten im Flußbett zu stehen gekommen war und man dort das Hochgericht für das Stadt- und Landgericht Gries und Bozen errichtete, diente die Kapelle auch manchem zum Tode Verurteilten für ein letztes Gebet. 1786 aber wurde die alte Rundkirche auf staatliche Anordnung hin geschlossen und in ein Wohnhaus verbaut, und so diente der Kirchenraum lange Zeit als Keller für den eingelagerten Wein des Haus- und Hofbesitzers. Die Gebeine des hl. Quirinus aber liegen heute noch in dem Kloster am Tegernsee und werden dort verehrt.
Quelle: Nach P. Ferdinand Troyer, 27. Kapitel,
1949 / 163 f.; Simeoner, 33 f.; Atz / Schatz, I/216 f. Vgl. auch Heyl,
198-200, der (ohne Quellenangabe) aus einer (wohl bayrischen) alten Legende
die Quiriniuslegende bringt. Zingerle, 495, bringt diese Sage kurz nach
dem "Ehren-Kränzel" (I/78), das sich aber wiederum auf
P. Ferdinand Troyer stützt.