GEISTERSPUK BEIM REITERHOF

Als der alte Reiterbauer von St. Georgen starb, vermachte er jedem Dienstboten 100 Gulden. Seine Frau aber fand, daß dies des Guten denn doch ein wenig zuviel sei und zahlte darum - nichts aus. Sie heiratete dann wieder und hatte noch Kinder, starb aber vor dem zweiten Mann. Nach ihrem Tod geisterte es häufig in der Küche des Reiterhofes: Die Pfannen und Häfen wackelten und klapperten in der Nacht, so daß es einen gewaltigen Lärm gab und die Kinder ganz verschreckt und furchtsam wurden.

Der Bauer wußte sich nicht zu helfen, ließ Seelenmessen für seine verstorbene Frau lesen und rief endlich die Patres von Gries zu Hilfe. Aber auch dies half nichts. Da wurde ihm geraten, sich an die "Bartigen" - die Kapuziner - zu wenden, und ein solcher "Bartiger" sagte ihm dann, er müsse den Geist befragen, was er wolle.

Als es dann wieder einmal in der Küche wild arbeitete und klapperte, trat der Reiterbauer kurz entschlossen in die Küche, um den Geist nach seinem Begehr zu fragen - und fand seine verstorbene Frau dort, die ihm alles sagte und ihn flehentlich bat, doch den Knechten und Mägden von damals den seinerzeit unterschlagenen Geldbetrag auszuzahlen.

Der Bauer versprach dies, und wirklich konnte er die ehemals auf dem Reiterhof tätig gewesenen Dienstboten ausfindig machen und ihnen die vermachten 100 Gulden ausbezahlen. Nur einer der Knechte war bereits verstorben; so beschloß man denn, die ihm zustehenden 100 Gulden für Seelenmessen zu verwenden. Sobald alles ausgezahlt war, war die Frau offenbar erlöst, und nie wieder regte sich beim Reiterhof in St. Georgen irgendwelcher Spuk.

Quelle: V. Malfèr in: Der Schlern, Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde, 1958, S. 463