Die Erdleute

Auf der Wechselalm am Brenner hausten vor alters zwei Erdleute. Ein schwarzes Manndl und ein ebensolches Weibele, unförmig, voller Erdkrusten, mit langen Haaren und "hottelat" gewandet.

Ihr Heim war ein Erdloch im Walde, welch letzterer ihnen auch Speise und Trank bot. Sie waren schweigsam, lebten abgeschlossen und hatten ein melancholisches Gemüt. Böswilligkeit oder Schabernack, wie solches ihr Tal gegenüber - das Ziroger Manndl - liebte, waren ihnen fremd.

Sie halfen eher den Bauern bei der Heuarbeit, erteilten gute Ratschläge und sagten die Wetter voraus.

Die schweren Heutücher, welche die Knechte auf den steilen Almwiesen herumschleppten, erschienen ihnen zu groß. Deshalb soll das Erdmanndl auch oft gesagt haben:

"Ladet weniger auf und geht dafür öfter!"

Eines Sommertages klagte das Erdmanndl den Almern, man hätte sein Weibele erschossen. Es weinte bitterlich, verkroch sich in die Erde und ward nie mehr gesehen.

Quelle: Fink, Hans, Eisacktaler Sagen, Bräuche und Ausdrücke. Schlern-Schrift Nr. 164, Innsbruck 1957, S. 21