GEISTERPROZESSION
Im Domkreuzgang zu Brixen ist's unheimlich; da zieht in Quatembernächten eine feierliche Prozession mit Kreuzen und Fahnen hindurch. Auch der Bischof, der auf dem steinernen Sarg im Kreuzgang liegt, geht in vollem Ornate mit, aber laut beten und singen die Geister nicht, man hört nur dumpfes Gemurmel.
Einer hat es nicht geglaubt und sich abends im Kreuzgang versteckt und
einsperren lassen; da hat er um Mitternacht wohl den Zug gesehen, aber
er wäre um keinen Preis ein zweitesmal in der Nacht drin geblieben,
denn der Bischof hat seinen Stab aufgehoben und dem Horcher damit gedroht.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 142