DER LAUTERFRESSER WILL SICH BEKEHREN
Einmal ging er durch das Jaufental; da kam er gerade zu einer Predigt zurecht und blieb eine Weile stehen, um zu horchen. Der Geistliche predigte von der Barmherzigkeit Gottes, die auch dem größten Sünder noch zuteil werde, wenn er sich ernstlich bekehren wolle. Da wurde dem Zauberer so ein wenig warm im Herzen, und er dachte: Da kann es für dich auch noch eine Rettung geben. Indem flog der Satan her und mitten unter die Leute und trug den Lauterfresser durch die Luft fort. Oben fuhr er ihn ganz entsetzlich an: "Was, du willst mir untreu werden und den Pakt brechen, den du mit mir eingegangen bist? Du willst dem armseligen Schwarzrock da unten mehr glauben, als mir? Und das alles, nachdem ich dir so viele Dienste geleistet habe! Wenn du nicht im Augenblick diese Gedanken fahren läßt, schleudere ich dich auf die Erde hinab, daß du maustot bist."
Der Lauterfresser schaute in die entsetzliche Tiefe hinab, aber unter
sich sah er in einiger Entfernung die Mutter Gottes, welche ihn gar milde
anblickte und ihre Schürze ausbreitete, Sie hätte ihn darin
aufgefangen, wenn er sich bekehrt und der Satan ihn herabgeworfen hätte.
Das war die letzte Gnade für ihn; aber er hat sie verscherzt und
ist in der Gewalt des Teufels verblieben.
Quelle: Heyl, Johann Adolf, Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, Brixen 1897, S. 173 - 185