DER BARBIANER SCHMIED
Dieser war in den Besitz eines schwarzen Buches gekommen, denn er war auch auf dem Roßwagener Kreuzweg gewesen und hatte sich dort mit dem Schwarzen verbündet. Davon erzählte er aber kein Wort, denn er durfte nichts sagen, sonst wäre es ihm übel ergangen.
Aber wenn er redselig wurde, sprach er manchmal vom Haselwurm. Er wollte über Nacht reich werden und grub auf den Haselwurm. Dieser ist weiß, sieht aus wie ein "gefatschtes Kind" (Wickelkind) und hat ein goldenes Krönlein auf dem Kopfe. Wer ihm das abnimmt, braucht keinen Streich mehr zu arbeiten, denn er ist unendlich reich und hat alles, was sein Herz begehrt.
Der Schmied grub in einer geweihten Nacht, und als er lange geschaufelt hatte und es schon tief war, hörte er pfeifen. Der Pfiff war so "antrisch", daß er ihm durch Mark und Bein ging - und er lief über Stock und Stein davon!
Endlich bekehrte er sich und wollte des schwarzen Buches los und ledig
werden. Aber es ging nicht. Warf er's zum Fenster hinaus, war es flugs
wieder auf der Stelle. Da ging er zu einem frommen Pater in Bozen und
fragte ihn um Rat. Dieser ließ das Buch bringen und warf dasselbe
betend ins Feuer. Endlich begann es zu brennen, es brannte Blatt für
Blatt, und jedes Blatt kehrte sich selbst um mit einem blauen Flämmchen.
Des Buches war er ledig, aber die Schwarzschule auf dem Roßwagen
verfolgte ihn. Oft bannte es ihn mitten auf einem bekannten Wege fest,
daß er nicht mehr weiterkam und stehenbleiben mußte. (Barbian.)
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 762, S. 431