DER PESTALTAR VON ST. JAKOB IN GRISSIAN
Als einst in diesem Land die Pest wütete und sich die Menschen in namenloser Angst vor Ansteckung gegenseitig mieden, da beschloß der Priester von Grissian, auf einem weitum freien und gut einsehbaren Punkt bei der St.-Jakobs-Kirche dort einen Altar zu erbauen, um hier - im Freien - die hl. Messe lesen zu können und so den Gläubigen aus der näheren und weiteren Umgebung die Möglichkeit zu bieten, von der Ferne die heilige Handlung mitzufeiern. Dieser Pestaltar bildete ein gemauertes Viereck und wurde von einem hölzernen Dach geschützt, das von vier Pfeilern an den Ecken des Altars getragen wurde. So war der Blick von allen Seiten frei und konnten sich die schwer bedrängten und geängstigten Menschen aus diesem Gottesdienst und dem abschließend vom Priester nach allen vier Himmelsrichtungen erteilten Segen neue Zuversicht und Seelenkraft holen.
Nach dem Aufhören der Pestseuche ließ man diesen Pestaltar
weiterhin bestehen, als fromme Mahnung und zur steten Erinnerung. Erst
gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als der Grissianer Pestaltar recht baufällig
geworden war und allmählich zerbröckelte, wurde er abgetragen.
Quelle: Weber, P. Beda, Das Land Tirol, ein Handbuch für Reisende. 2. Band, Südtirol. S. 428 f.