VOM ALTEN GERICHTSHAUS IN MARLING
Wo heute der Marlinger Kirchplatz sich ausbreitet, stand einst der alte Fraun- oder Fronhof, im Volke das "alte Gerichtshaus" genannt. In diesem alten Gebäude gab es große Gewölbe und Keller, die früher einmal als Kerker gedient haben.
Als einmal eine Bewohnerin dieses Hauses in eines dieser Gewölbe
hinabstieg, um Holz zu holen, stand plötzlich ein geharnischter Ritter
vor ihr. Erschrocken ließ die Frau Holz Holz sein und eilte die
Stiegen hinauf, um Leute zu rufen. Doch als diese ins Gewölbe kamen,
war von dem furchtbaren Ritter keine Spur mehr zu sehen. Kinder, die vor
dem Hause spielten, hatten gesehen, wie plötzlich ein unförmiger
Heuschober vor ihnen stand, der sich alsbald in Bewegung setzte und durch
ein Fenster in dieses Gewölbe hinabstieg. (Bei Meran.)
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 451, S. 255