DIE WEIßE TAUBE

Auf der Stiege hinab zur Totengruft in Meran watschelte viele Jahre lang eine dicke Kröte auf und ab. Man mochte sie wegwerfen oder gar töten, so oft man wollte - am folgenden Septembertage saß die Kröte wieder auf den Stufen der Totengruft.

Da merkte eine fromme Person, daß das scheußliche Tier eine arme Seele sein müsse, fragte es einmal nach den Bedingungen seiner Erlösung und erfüllte diese. Nachdem sie dies getan hatte, verwandelte sich die Kröte in eine blütenweiße Taube und flog vor den Augen ihrer Erlöserin zum Himmel. (Meran.)

Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 327, S. 196