DER PILLER ORG
Es war einmal bei Pill ein Org, der sich bald da, bald dort sehen ließ,
späten Nachtwanderern aufpaßte, sie ansprang und schrecklich
zusammendrückte. Eines Abends ging ein Bauer, der den ganzen Tag
in der Mühle gearbeitet hatte, mit einem Sacke Mehl belastet, nach
Hause. Da dachte er sich, wie er so hinwanderte: Wenn heute etwa der Org
kommt - dann könnte ich wohl genug zu tragen bekommen. Kaum gedacht,
so war der Org schon auf seinem Rücken, und der Bauer mußte
ihn tragen, bis es ihm gelang, das Ungetüm herabzuwerfen. Es schien
eine Spanne lang und sah aus wie ein Katzenbalg. Es kugelte über
den Rain hinab, und der Bauer ging weiter. Aber als er wieder eine Strecke
gewandert war, stand plötzlich der Org wie ein Backofen am Wege.
Der Bauer schlich aber leise vorbei und kam unbelästigt nach Hause.
Der Piller Org ist halt auch ein leidender Geist. (Passeier.)
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 356, S. 209