DER WETTERMACHER
Ein Knabe ging mit seinem Vater und einigen Bekannten über ein Bergjoch. Als sie auf einer schönen Bergwiese angekommen waren, setzten sie sich und redeten dies und jenes vom Wetter und Wettermachen.
Als vom letztern die Rede war, sagte auf einmal der Knabe: "Wettermachen
kann ich ja auch." Die andern erstaunten über diese Äußerung
und hießen ihn einmal einen Versuch machen. Der Knabe erklärte
sich bereit dazu und holte sogleich die nötigen Werkzeuge herbei.
Aus einem nahen Hause holte er ein Schaff voll Wasser, und vom nächsten
Baum schnitt er sich einen Stecken. Dann zog er im Boden einen Kreis und
rührte mit dem Stecken im Wasser. Bald war alles Wasser verschwunden,
und anstatt dessen zog eine schaurige Wolke am heiteren Himmel daher.
Als sie gerade ober dem Schaffe stand, begann es innerhalb des gezeichneten
Kreises zu hageln und hagelte so heftig, daß auf diesem Raume aller
Rasen zerschlagen wurde und nur mehr die schwarze Erde sichtbar war. Der
Vater hatte nur eine kleine Freude über das "Kunstwerk"
seines Kindes, ging zum Pfarrer und bat ihn um Rat und Hilfe. Der Pfarrer
ließ den Knaben kommen, fragte ihn über alles aus und befreite
ihn aus dem Hexenbündnis. Er hieß ihn dann probieren, ob er
das Wettermachen noch zuwege bringe, allein, jeder Versuch mißlang.
Der Vater bekam den Auftrag, eine alte Magd, welche den Knaben verleitet
hatte, aus dem Hause zu jagen. (Passeier.)
Quelle: Zingerle, Ignaz Vinzenz, Sagen aus Tirol, 2. Auflage, Innsbruck 1891, Nr. 778, S. 448